Armes Schwein

Ich bin wieder früh wach, irgendwelche gackernden Vögel machen Rabbatz vor meinem Fenster. Das Wasserloch – heute gekrönt von den Omatakobergen liegt unbesucht vor mir.

Ich klettere kurz zum Farmhaus runter, meine Farmer wuseln schon wieder eifrig umher. Es riecht nach eingekochtem Obst – um 6 Uhr kocht Trudi schon ein…

Mir wird empfohlen, mich noch einmal hinzulegen, was ich nicht wirklich lange schaffe, die Situation um Thomas Cook und Condor treibt mich schon um. Eine Bekannte schreibt, dass sie nur aus Andalusien zurückkommt, wenn sie nochmal zahlt. Mein Condorflug vom Mittwoch wird pünktlich gehen laut Flugstatus Condor. Das lässt für Samstag hoffen.

In der Küche läuft das Radio. Ein Mann liest Nachrichten vor. In Deutsch. Ich finde es interessant, einmal andere Sichtweisen, Fremde Programme und Nachrichten aus und über andere Teile der Welt zu hören. Sicher würden sie auch berichten, wann es wo geregnet hat – und das nicht im Wetterteil des Programms. Ich google die Internetseite des NBC:

Das Deutsche Hörfunkprogramm der Namibian Broadcasting Corporation besteht seit 1979 und ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der sich dem Erhalt und der Förderung der deutsch-namibischen Kultur verpflichtet hat. Ziel des Senders ist es, Brücken zu bauen zwischen den diversen Kulturgruppen des Landes und das Verständnis der Sprachgruppen untereinander zu fördern. Wir versuchen, einen aktiven Beitrag zum Fortbestand des Friedens und der nationalen Versöhnung zu leisten. Wir produzieren Programme für alle Altersgruppen und bemühen uns allen Musikrichtungen gerecht zu werden. Unser Programm ist so vielfältig wie das Land und seine Menschen.

Das kann ich bestätigen. Die Musikrichtungen decken wirklich jede Richtung ab.

Kürzlich wurde der Etat massiv zusammengestrichen, das Radioprogramm wird jetzt nur noch bis 20 Uhr gesendet, nicht mehr rund um die Uhr. Das kommt mir bekannt vor.

Heute bin ich wieder an der westlichen Wasserstelle. Mein Bakki-Taxi setzt mich am Hauptweg ab und ich schleiche durch den Busch zur Wasserstelle. Dabei prüfe ich die Windrichtung. Interessant, zu Hause ist das eher unbedeutend für mich. Hier weiss ich dadurch eher, aus welcher Richtung die Tiere nicht kommen.

Ich habe viel Zeit zum Nachdenken. Der Boden ist hier rötlich. Mal heller, mal tiefrot. Mir gefällt das sehr. Es unterstützt die Wirkung des sanften Lichtes. Irgendwie Ur-Afrikanisch. Trudi – die eigentlich und sehr passend Wiltrud heißt – erzählte mir aus ihrer Kindheit. Es ist für die Menschen hier wichtig zu sehen, auf welchem Boden die Menschen leben. Braun, grau, rot, gelb, weiss, welche Schattierung? Es hat sie dann in Europa gestört, dass man die Farbe des Bodens nirgendwo sehen konnte! Wir sind nicht mehr so „geerdet“ wie die Menschen hier.

Aber eigentlich sitze ich ja an der Wasserstelle. Ab und zu blicke ich vorsichtig auf von meinem Geschreibsel und schaue, was sich so tut. Mal hier ein Warzenschwein, da eine Menge Perlhühner. Dann entdecke ich einen Oryx im Gezweig. Gut getarnt sind sie, im Busch lösen sich die Kontouren auf. Wenn sie still stehen, kann man sie schnell übersehen. Richtig, es sind zwei. Langsam und vorsichtig kommen sie heran. Knabbern hier, schauen da. Ein dritter Oryx taucht auf. Von rechts kommen auch zwei, nein drei, vier. Schlussendlich sind es 13 Oryx und 5 Schweine gleichzeitig. Man kann toll sehen, dass es eine Rangfolge gibt. Wer darf zuerst trinken oder an den Salzstein? Zwei Böcke duellieren sich über dem Wasserbecken. Die Gruppe lässt sich Zeit, ich mache viele Bilder Ich bin zufrieden. Können alle Kudus zusammen einpacken!

Ich mache mich auf den glutheißen Rückweg.

Trudi hat mit dem Mittagessen auf mich gewartet. Ich berichte von den 13 Oryx. Ich hätte mir denken können, was nun kommt. Der Boss beschließt, dass es genügend sind, um eines zu erlegen und zieht mit der Flinte los.

Derweil schreiben wir Frauen einen Brief an eine Hilfsorganisation. Die Hütten von Gaudentias Bruder sind abgebrannt. Die Familie steht vor dem Nichts. Trudi sortiert Sachen für sie aus, das von Marco geschossene Schwein wird zu Biltong (Trockenfleisch) verarbeitet.

Wir hoffen, mit dem Brief auch noch Geld für die 7-Köpfige Familie aufzutreiben.

Der Abend endet gemütlich am Feuer mit Stockbrot und Steaks. Und natürlich mit dem schönsten Licht der Welt.

Über theaseiffert

Ich bin die Schwester von Florian. Ich reise gern, ich blogge gern auf Reisen. Danke für den Gastauftritt hier!
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3 Antworten zu Armes Schwein

  1. Hänggli Peter schreibt:

    Liebe Thea!
    Die Geduld und Dein Trappersinn („Dabei prüfe ich die Windrichtung“) haben Dir eine schöne Überraschung gebracht! 13 Oryx bei der Wasserstelle zusammen mit den Warzenschweinen ist doch schon eine beachtliche Truppe die Dir Gesellschaft leistet! Haben alle Orix den Ausflug des Farmers mit dem Gewehr überlebt?
    Aus dem geschossenen Schwein gibt es sicher einen hervoragenden Biltong. Ich liebe Biltong!!
    Leider brennen oft Hütten verursacht durch Funkenwurf. Weil alles so ausgetrocknet ist, brennt alles sehr schnell. Hoffentlich konnten sich alle in Sicherheit bringen!
    Einmal mehr habe ich Deine schönen Bilder genossen!!
    Alles Liebe!
    Peter

  2. Yvonne schreibt:

    Da warst du ja richtig erfolgreich beim Tieregucken! 👍🏻 Warum ist denn die Hütte von Gaudenzias Bruder abgebrannt? 😱 Die arme Familie!

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