Wir schaffen es, wieder auf der Terrasse zu frühstücken. Es ist warm genug und es kommt ein bisschen die Sonne raus.
Die Planungskommission ist schnell fertig heute: Noch so eine Wanderung, wie gestern. Die Vorsitzende, hat sich Levada do Norte ausgesucht. Okay, angenommen.
Wir packen unser Kleinmobil und reisen los. Runter zum Meer und dann wieder hoch ins Gebirge. Die Landschaft erinnert mich sehr an Südtirol. Steile Berge, enge Schluchten und alles satt grün. Speck und Forstbier fehlen etwas 🙂 aber ich will nicht klagen, es ist fantastisch hier.
Wir fahren auf einem kleinen Sträßchen bis fast nach ganz oben, Richtung Encumeada. Man kann schon das Meer auf der anderen Seite der Insel sehen. Hier fließt die Levada do Norte, noch so ein hübscher Bewässerungskanal.
Die Sonne scheint, wir starten. Der Kanal ist tiefer und führt viel mehr Wasser, als die Levada Nova. Heute möchte man da nicht reinfallen, gestern hätte man nur nasse Füße bekommen.
Nach 20 Minuten zweigt ein Tunnel ab, länger und dunkler als der gestern. Da müssen wir durch. Okay. Stirnlampe an und los. Es ist eng und ich muss fast die ganze Zeit gebückt gehen. Aber es ist nicht glitschig und wir gehen auf Beton, der gibt sicheren Halt. Wir singen ein bisschen, die Akustik ist fantastisch. Wir brauchen 8 Minuten!
Auf der anderen Seite ist noch mehr Zauberwald, als vorher. Bartflechten, Lorbeer, kleine gelbe Pilze, Mose und riesige grüne Farne. Und die ganze Zeit das Glucksen des Wassers. Wir sehen sogar Forellen, die in der starken Strömung stehen. Wow.
„Es rauscht im Wald der Wasserfall, wenns nit mehr rauscht, ists Wasser all.“ kommt mir in den Sinn, denn es rauscht immer mehr und wir stehen plötzlich vor einem riesigen Wasserfall. Daher kommt also das ganze Wasser im Kanal. Und hier gibt es einen zweiten Tunnel. Aber für heute soll es genug sein. Wir wenden.
Nachdem wir den Tunnel wieder passiert haben, kommt uns ein älteres Paar entgegen. M* schnappt französische Wort auf und grüßt freundlich mit Bon Jour. Ich mache es auch so. Der Monsieur fragt, woher wir kommen, ich sage: Allemagne. Da setzt er zu einer Rede an, die zunehmend heftiger wird. Ich verstehe fast nichts. Dann kommt Liberté, Égalité, Fraternité. Er rollt die Augen und reckt die Faust, dann stechender Blick und dann nach noch einem heftigen Schwall kommt noch ein: Vive la France! Er dreht sich um. Ein paar Schritte. Dann noch ein lautes Vive la France! Die Madame zu dem Monsieur ist schon lang verschwunden, M* weit entfernt. Sie lacht und ruft auch nochmal Vive la France. M* hat mehr verstanden, als ich: Kanzlerin, Krieg, aber er meine mich nicht persönlich.
Ich bin voll erschüttert. Da kommt dem Monsieur ein großer grauer Mann entgegen und ihm fällt nach dem freundlichen Bon Jour nichts besseres ein, als den (also mich) zu beschimpfen? Und er meint es nicht persönlich? Ich kenne das nur als Floskel, die bedeutet: Ich beschimpfe Dich, Du darfst aber nicht bös sein und nichts erwidern … Na so ein Kerl! Sachen gibts!
Wir fahren wieder den Berg runter. Und weil da unser Supermarkt Continente Modelo in Ribeira Brava am Weg liegt, kurve ich in das Parkhaus und M* springt schnell rein und kauft Brot.
Mit Blick auf das Meer gibt es die Zwima. Dann nehmen wir noch ein erstes, aber kurzes Bad im Pool. M* sagt, das sei schön warm, aber da wo ich bin, ist es eisig. Das ist immer so. Das liegt an M*’s Vorfahrinnen, die von Sylt stammen. Die frieren im Waser erst, wenn es einstellig wird.
Ich habe heute 17 Minuten Videos aufgenommen. Ich kürze und kürze. Ehe ich wieder bei 30 Sekunden bin, kommt das Abendessen. Ich arbeite weiter an dem Tagesvideo und dem Posting.
M* hat jetzt Onlinesingen. Das Singen via Internet ist ein klares Plus der Pandemie. Ohne Zwang hätte es das nicht gegeben. Jetzt kann M* von Madeira aus mitsingen. Ich liebe das Internet.
Wir sind dankbar für einen schönen Tag!
Levada do Norte