Ausrüstung ist keine Schande. Sie hilft in Notsituationen Deine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern!
Daran muss ich denken, als wir Olaf (Name von der Redaktion geändert), einen Skandinavier einladen. Es regnet stark, der Wind pfeift, 10 Grad. Olaf’s Frau und zwei Kinder stehen auch an der Straße, kurze Hosen, dünne T-Shirts und Plastikregencape. Sie hatten das Anhalterzeichen gemacht und wir hatten kurz überlegt, dann aber gedacht, vier Personen passen nicht auf die Rückbank. Als M* sagt, eine Person mitnehmen reicht doch, wir fahren sie zu deren Auto, sind wir schon vorbei. Ich wende und wir laden Olaf ein. Mutter und die zwei Teenager bleiben zurück. Olaf muss sich erst auf einer Karte orientieren, er hat zwar ein Handy, aber darauf keine Karte, kein GPS, er rät ein bisschen, wo er hin muss. Sie sind schon eine Weile unterwegs, haben dann im schlechten Wetter die Orientierung verloren. Und sie haben keinerlei Ausrüstung dabei. Kein Rucksack, keine Jacken für die Kinder (sie sind hart im nehmen, sagt Olaf), kein Wasser, kein GPS auf dem Smartphone.
Tja und ich denke mir da: Ausrüstung ist keine Schande. GoogleMaps (und Konsorten), ein Rucksack mit Pullovern, Wasser und was zu essen kann man doch mühelos dabei haben.
Immerhin war die Strategie zu einer Straße zu gehen gut und erfolgreich. Und hätten wir nicht angehalten, bis zum Einbruch der Dunkelheit, wären schon noch ein paar Autos gekommen!
Wir fahren ziemlich lange, bis wir Olaf absetzen. Du meine Güte, die sind heute ordentlich weit gelaufen! Thank you und Olaf geht zu seinem Fiat 500.
M* und ich diskutieren ein bisschen. Warum sind sie nicht umgekehrt, als das schlechte Wetter kam? Warum kein GPS, was auch bei Nebel und Nacht zum Auto zurück weisen kann? Warum nicht gegen Kälte ausgerüstet? Kälte bedroht am heftigsten! Nur ein oder zwei unglückliche Umstände mehr und sowas geht ins Auge.
Es klingelt heute früh an der Haustür, eine Dame überreicht M* erntefrische Bananen aus der Plantage von gegenüber. Ofenfrisch sozusagen. Das ist aber nett! Obrigada!
Beim Frühstück denken wir: Die Regenwahrscheinlichkeit ist nicht so hoch, wir probieren den Zauberwald. Lass uns hoch zum Posto Florestal und von Fanal nach Fio wandern.
Wir fahren also auf das Dach von Madeira. Die Strecke, wo unser Fiat 500 letztes Jahr so jaulen musste, nimmt der Fiesta deutlich besser. Erster Gang, aber ich muss ihn nicht so quälen.
Hier oben stehen uralte Lorbeerbäume. Groß, windschief knorrig mit Moos und Farn bewachen. Hier wohnen Elfen und Trolle, es ist der Zauberwald.
Es ist neblig und die Feuchtigkeit des Nebels geht jetzt in Nieselregen über, der von allen Seiten zugleich zu kommen scheint. Doof wird es an der Abbruchkante zur Küste. Hier pfeift ein ordentlicher Wind und meine Hose ist nach 30 Sekunden triefnass. M* hat ihre Fahrradregenhose an, sie hat nur nasse Schuhe.
Wir wenden. So macht das keinen großen Spaß. Wir testen noch zwei andere Wege, aber es ist zu viel Wind. Wir werden nur noch nässer. Frei laufende Kühe schauen uns an. Ihnen macht das Wetter nix. Okay. Abbruch. Was ist Plan B?
Runter ans Meer und in die Sonne. Auf nach Madalena do Mar.
Es regnet die ganze Zeit ganz ordentlich. Da winken plötzlich zwei kurzhosige Erwachsene an der Straße. Olaf und Familie.
Wir fahren sehr steil nach unten zum Meer. Zum Teil hat es 32% Gefälle. Ich bleibe vorsichtig.
Wir drehen eine Runde am Meer entlang. Draußen scheint die Sonne und es ist gut 10 Grad wärmer, als oben bei Fanal. Wir lassen ein paar Bars und Restaurants an der Promenade liegen. Zu wenig Einheimische. Wir kaufen noch ein und fahren mit Kuchen im Gepäck zur Villa do Sol.
Ein schöner Sonnenuntergang beendet den Tag und ich denke über mein Leben nach und was man wann im Leben an Ausrüstung dabei haben sollte und was nicht.